Eine der großen Fragen der Philosophie ist die nach dem Sinn des Lebens. Wer hat nicht schon einmal darüber nachgedacht, ob das alles einen Sinn ergibt, was man tagtäglich macht. Gehe ich einer sinnstiftenden Arbeit nach? Macht es Sinn, dass ich jetzt dieses oder jenes tue? Ist es sinnvoll, offensichtlich Sinnloses zu tun?
Wenn man in der Mitte des Lebens angekommen ist, beginnt man früher oder später damit, sein Leben zu hinterfragen. Plötzlich fragt man sich, ob das bisher gelebte Leben gut war und ob es sinnvoll wäre, es so weiterzuleben. Kleiner Spoiler: Oftmals beginnt man viele Dinge umzustellen, und das Umfeld wundert sich. Das nennt man dann gerne Midlife-Crisis, wobei ich mit dem Begriff nur wenig anfangen kann. Oftmals ist es ja keine Krise, sondern der Wunsch nach Neuorientierung.
Ebenso wird einem zu diesem Zeitpunkt bewusst, dass die Lebenszeit endlich ist. Das wusste man zwar schon immer, man schenkte dieser Tatsache jedoch nur selten Bedeutung. In jungen Jahren geht man intuitiv davon aus, dass das Leben ewig so weitergehen wird. Man lebt gerne im Hier und Jetzt, was womöglich nicht das Schlechteste ist. Aber zurück zum Sinn des Lebens.
Viele Anhänger philosophischer Strömungen haben eine Maxime, nach der sie leben und die ihrer Meinung nach sinnstiftend ist. Die Stoiker streben beispielsweise danach, ein tugendhaftes Leben zu führen, ein Leben im Einklang mit der Natur. Obwohl sie wissen, dass sie niemals ein komplett tugendhaftes Leben führen können, kann man wohl sagen, dass das Streben nach einer möglichst tugendhaften Lebensweise das ist, was ihnen Sinn gibt.
In der Moderne verfolgt der Psychologe Viktor Frankl den Ansatz, dass man in allem und jeder Lebenssituation einen Sinn finden kann. Dies hat ihm zum Teil auch geholfen, das Konzentrationslager Auschwitz zu überleben. Hierzu kann ich sein Buch „Trotzdem Ja zum Leben sagen“ empfehlen. Es erscheint mir logisch, dass es keinen universellen Sinn gibt, sondern dieser vollkommen situationsbedingt und subjektiv entstehen kann. Etwas, das heute noch zweifellos sinnvoll ist, kann morgen schon wieder sinnlos sein.
Ich frage mich öfters, ob ich zwingend einen bestimmten Sinn verfolgen oder suchen muss. Kann man so sehr davon getrieben sein, dass einem die Leichtigkeit am Sein verloren geht? Ist es womöglich der Sinn des Lebens, nicht nach einem Sinn zu suchen? Wie man sieht, gerate ich bei dieser Thematik schnell in einen Strudel aus Widersprüchen und Wirrungen.
Wir Menschen neigen dazu, ein Ziel zu haben, wobei sich die Sicht darauf mit dem fortschreitenden Leben verändert. Wie eingangs erwähnt, kommen solche Gedankenspiele eher im mittleren Alter auf. Zielloses Leben erscheint einem in jungen Jahren sogar zielführend. Man möchte leben ohne Zwänge und Einschränkungen. Die Ziele befinden sich meist in naher Zukunft und sind klar zu beschreiben, oft auch materialistisch. Mit meinen 50 Jahren, die ich hinter mir habe, suche ich nicht unbedingt nach einem Ziel, aber eben nach einem Sinn.
Die berühmte Frage, wenn man auf dem Sterbebett liegt und zurückblickt: War mein Leben sinnvoll? In meinen Augen wäre es schrecklich, würde ich sie eines Tages mit „Nein“ beantworten. Insofern teile ich die Ansicht der Stoiker, dass die Suche nach dem Sinn des Lebens einen seine komplette Lebenszeit begleiten kann. Würde ich morgen sterben, könnte ich diese Frage nicht vollumfänglich mit „Ja“ beantworten. Ich weiß jedoch, dass ich auf einem guten Weg bin und habe damit meinen ganz persönlichen Sinn im Stile der großen Philosophen gefunden.
